An manchen Tagen öffnet man Facebook, schaut sich die vielen bunten B2C-Posts der Anbieter an, guckt, liest, stutzt, liest nochmal… und möchte sich eigentlich nur noch in eine Ecke setzen und still vor sich hin weinen… So herrliche Fotos, ein so ansprechendes Design, Farben, Formen, die Auswahl der Schriften, der Teaser ist in mehreren Sprachen verfasst, alles stimmt, alles passt. Nur die Übersetzungen kommen dann oft wie eine eiskalte Dusche. Ziemlich lieblos und in den meisten Fällen einfach nur wortwörtlich übersetzt, was gerade bei Werbetexten ein absolutes No-Go ist.

Ginge es bei diesen Veröffentlichungen nicht auch (und vor allem) darum, Publikum in Kundschaft zu verwandeln, könnte man es unterhaltsam finden. Denn wenn man typische Ausdrücke oder Redewendungen einer Sprache Wort für Wort in eine andere übersetzt, kommen meist die lustigsten Dinge zustande. Das ist bekannt, aber es ist sicher nicht das, was der Anbieter seinem potenziellen Kundenkreis bieten möchte. Werbung soll Emotionen ansprechen, auf der Gefühlsebene berühren und genau das bieten, was den Wünschen oder Sehnsüchten des jeweiligen Publikums entspricht. Das funktioniert nicht, wenn da zum Beispiel über dem Foto eines traumhaft schönen Hotel-Pools steht: „Machen Sie zu Hause fühlen!“

Transkreation ist Übersetzen und Texten

Deshalb empfiehlt sich für Werbetexte im Allgemeinen, aber auch für Unternehmensblogs und Newsletter, die Transkreation des Textes. Eine Übersetzung im herkömmlichen Sinne oder gar der Einsatz eines Übersetzungstools im Internet reicht hier einfach nicht aus. Bei einer Transkreation handelt es sich genau genommen um zwei Arbeitsgänge; zum einen das Übersetzen, also die Übertragung der Vorstellung, der Grundidee des Originaltextes in die Zielsprache, und zum anderen das Texten, die Bearbeitung des Textes, bis er die im Originaltext angestrebten Gefühle beim Zielpublikum bewirken kann. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht oft anders aus.

Bild und Text sind eine Einheit

Nehmen wir ein Beispiel, ein Fünfsternehotel der gehobenen Klasse postet bei Facebook einen Beitrag, ein Foto und ein kurzer Text in drei Sprachen, spanisch, englisch und deutsch. Das Foto ist ein erstklassiges Profi-Foto, eins von denen, die man nur ansieht und denkt: „Mmh, genau das hätte ich jetzt gern!“ Es zeigt ein Erdbeer-Sahne-Törtchen in all seiner Pracht und Appetitlichkeit, zum Anbeißen schön! Da läuft einem das Wasser geradezu im Munde zusammen und es dürfte wirklich kein Problem sein, dazu einen ansprechenden Text zu schreiben oder den auf Spanisch vorgegebenen Text so zu transkreieren, dass er auch deutschen Leser*innen Appetit macht.

Der spanische Ausgangstext lautet: „Esta maravilla es una de las creaciones de nuestro pastry chef XXX. Un postre bonito por fuera y delicioso por dentro.“ Und was kommt? „Dieses kleine Wunderwerk ist eine der Kreationen unseres Konditormeisters XXX. Von außen ein wunderschönes Dessert und von innen einfach köstlich.“ Eine ziemlich fade, fast wortwörtliche Übersetzung mit zwei Fehlern.

Es handelt sich hier um ein Törtchen, nicht um eine dieser enormen Geburtstagstorten aus Mafia-Filmen, in denen sich dann eine Stripperin oder ein Auftragskiller verbirgt. Also „von innen“ ist schon mal schlichtweg unmöglich.

Ein Konditormeister in Deutschland ist eine Person, die nach Berufsausbildung, Gesellenprüfung und mehrjähriger Praxis die staatliche Meisterprüfung des Konditorhandwerks abgelegt hat, sich selbständig machen und Lehrlinge ausbilden kann. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, ist ein Meisterbrief als Konditor keine unbedingte Voraussetzung, um in einem Hotel als Chef Pâtissier, Küchenkonditor, arbeiten zu können.

Murphys Gesetz

Mit Sicherheit werden 80% der Leser*innen diese Ungenauigkeit überlesen, aber ebenso besteht die Möglichkeit, dass sich jemand deshalb zu einem Kommentar über die „Unglaubwürdigkeit“ des Anbieters veranlasst fühlt. Murphys Gesetz besagt, dass dies dann im denkbar ungünstigsten Moment, vielleicht genau zum Weihnachtsgeschäft, passiert.

Man hätte hier die englische Bezeichnung Pastry Chef übernehmen können, was im Hotel- und Gastgewerbe durchaus üblich ist, oder man hätte mit einem Wortspiel arbeiten können. Das Wort Meisterkonditor bezieht sich nicht auf berufliche Qualifikation oder Stellenbezeichnung, aber es drückt Hochachtung und Anerkennung für die Arbeit des Küchenkonditors aus. Und so etwas zergeht auch einem Gast auf der Zunge.

Briefing des Auftraggebers

Unabdingbar, um Werbetexte überzeugend in eine andere Sprache zu übertragen, ist neben Genauigkeit in Wortwahl und Ausdruck auch das Briefing des Auftraggebers mit Angaben zu Zielgruppe, Angebot, Kundenansprache, vorgegebenen Keywords usw. In diesem konkreten Fall liegt uns natürlich keins vor und mein sozusagen „blind“ geschriebener Vorschlag für das Posting wäre etwas in der Art wie: „Diese perfekte Kombination von Augenschmaus und Hochgenuss ist nur eine der Kreationen unseres Meisterkonditors XXX.“

Je nach Briefing des Auftraggebers gäbe es selbstverständlich noch viele andere Möglichkeiten, die alle mehr wären als nur eine einfache Übersetzung.

Mit dieser kleinen Betrachtung zu einem Social-Media-Post ging es mir vor allem darum aufzuzeigen, worauf man beim Übertragen eines Werbetextes in eine andere Sprache achten sollte. Denn ganz unbestritten gehören zu attraktiven Visuals immer auch ansprechende und speziell auf das jeweilige Publikum abgestimmte Texte.

Ina Kropeit