Die Coronakrise zwingt zahllose Unternehmen zum Umdenken.
Unternehmen müssen ihre Produktion umstellen, Strategie anpassen oder sogar ihr gesamtes Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen. Gefragt sind Kreativität und neue Ideen. Wie aber kommt man auf neue – und vor allem gute – Ideen? Im Gespräch mit der Norak-Redaktion gibt Alexander Kornelsen (Innovationsexperte, Buchautor und Podcaster) Tipps, wie Unternehmer in der Krisensituation frische Gedanken entwickeln können.
Redaktion: Herr Kornelsen, hatten Sie heute schon eine gute Idee?
AK: Tatsächlich schon! Ich nutze gerne den Weg zur Arbeit für einen langen Spaziergang und zum Podcast hören, um mich inspirieren zu lassen. Da ist der Geist wach und man startet zufrieden in den Tag. Heute hörte ich Gabor Steingarts Morning Briefing und er hatte die Geschäftsführerin des Fashion-Start-Ups Outfittery zu Gast. Sie hat ein paar spannende Dinge zum eCommerce während Corona gesagt, die ich direkt ausprobieren möchte.
Redaktion: Im Ernst: Wie kommt man auf gute Ideen?
AK: Schön, dass Sie explizit nach „guten“ Ideen fragen. Viele reden davon, dass die besten Ideen beim Duschen, Joggen etc. kommen. Das kann natürlich passieren, lässt sich aber tatsächlich wenig operationalisieren. Wir können ja kaum zig Duschen in das Büro bauen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwingen, diese mehrmals am Tag zu benutzen. Für mich ist klar: Gute Ideen zu entwickeln ist Fleißarbeit. Man muss Inspirationen sammeln, sich austauschen, recherchieren und probieren. Eine gute Vorbereitung ist alles. Es gibt viele Menschen, die bereits geniale Lösungen hatten, die in angepasster Form vielleicht auch zu eigenen Problemen passen.
Redaktion: Wie kann man sich als Unternehmer in der gegenwärtigen Krise vom Erfolgsdruck befreien, um kreativ zu sein?
AK: Dem Erfolgsdruck unterliegen die meisten Unternehmer leider immer, auch wenn sich dieser momentan sicher für viele verstärkt hat. Ich glaube, dass Unternehmer jetzt mehr denn je auf ihre Teams achten sollten. Diese machen schließlich den Kern des Unternehmens aus und sehen sich gerade mit besonderen Herausforderungen wie Home-Office und Home-Schooling konfrontiert. Wichtig ist es, spätestens jetzt eine gesunde Kommunikationskultur aufzubauen, um schnell zu merken, wenn einzelne Personen mit der Situation überfordert sind, um entsprechend reagieren zu können. An vielen Stellen habe ich bereits gehört, dass die Krise allerdings viele Teams zusammengeschweißt hat und ein derart starkes Team ist das beste Rezept für einen unternehmerischen Erfolg.
Redaktion: Unternehmer und Manager sind oft in ihren Strukturen gefangen. Wie kann man kreativ ausbrechen?
AK: Das stimmt sicher, tatsächlich liegen aber auch hier Chancen. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Ich empfehle momentan vielen Unternehmen in dieser Situation die Working out Loud Methode. Diese kann jedes Unternehmen mit einem extrem minimalen Aufwand umsetzen, denn es braucht nicht mehr als eine Stunde pro Person, pro Woche und es ist unheimlich effektiv, um Unternenehmenssilos aufzubrechen, ein stärkeres Miteinander zu schaffen und vor allem interdisziplinäre Netzwerke zu entwickeln. Das Beste daran: Man braucht nicht erst teure Berater oder Coaches zu engagieren, sondern kann es einfach mal ausprobieren.
Redaktion: Kann eigentlich jeder Ideen entwickeln oder braucht man dafür Talent?
AK: Wie bereits gesagt, gute Ideen sind vor allem Fleißarbeit. Gleichzeitig braucht es aber ein entsprechendes Umfeld: Vertrauen und die Gelegenheit, auch mal was „Falsches“ sagen zu können. Man muss einen sicheren Raum (und damit meine ich nicht physisch ein modernes Büro mit bunten Post-its!) schaffen, in dem sich Jeder und Jede wohl fühlen kann. Manche brauchen dann vielleicht ein bisschen mehr Zeit, aber das kann sogar dafür sorgen, dass die Ideen besser durchdacht sind. Aber es gilt weiterhin: Es braucht eine gute Vorbereitung mit Inspirationen, Beispielen etc.
Redaktion: Wie groß ist eine ideale Gruppe zum Brainstormen?
AK: Diese Frage knüpft perfekt an meine Antwort an, denn ich mag das Wort „brainstormen“ nicht. Für viele bedeutet es: „Lass uns ein Meeting machen, ein paar Leute dazu holen und einfach mal gemeinsam grübeln.“ Das ist selten systematisch, produktiv und effizient. Ganz im Gegenteil. Wenn man aber, wie soeben beschrieben, Themen ordentlich vorbereitet und geeignete Ideation-Tools verwendet, kann es sehr unterhaltsam und gleichzeitig erfolgreich werden. Ich empfehle kleinere Gruppen von bis zu 6 Personen, so können alle TeilnehmerInnen zu Wort kommen und ihre Gedanken teilen. Sollten es deutlich mehr Teilnehmer werden, kann man diese immer wieder in sogenannte Break-Out-Sessions aufteilen und für die Ergebnispräsentationen wieder zusammenführen, sodass möglichst viele von den Resultaten profitieren können.
Redaktion: Gibt es bestimmte Techniken zur Ideenfindung, die in einzelnen Wirtschaftsbereichen – beispielsweise in der Industrie – besonders gut funktionieren?
AK: Man redet bei Ideation-Tools nicht ohne Grund von „Werkzeugen“: Für jede Herausforderung eignen sich unterschiedliche Maßnahmen zur Ideenfindung. Wo sich bei einer Produktentwicklung beispielsweise SCAMPER für sogenanntes laterales Denken gut eignet, kann man die Crazy-8 Methode verwenden, wenn man Ideen verfeinern möchte. Generell empfehle ich die Website von Board of Innovation, die zahlreiche Tools gratis zur Verfügung stellt (oft einfach zum Ausdrucken) und sogar Beispiele nach Branchen sortiert hat.
Redaktion: Mitarbeiter mit welchen Kompetenzen sollte man zum internen Brainstorming einladen?
AK: Für die TeilnehmerInnen der Ideenrunde gilt natürlich: je diverser, desto besser! Sollte das nicht möglich sein, kann es Sinn machen, einfach unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, um Ideen von allen „Seiten“ zu betrachten. Eine Methode ist hier Beispielsweise Six Thinking Heads von de Bono, die das sogenannte parallele Denken ermöglicht. Die Kompetenzen müssen also nicht bei den MitarbeiterInnen liegen, sondern eigentlich bei der Moderation der Ideenrunde. Am Ende gilt: Eine gute Vorbereitung, geeignete Methode und motivierte TeilnehmerInnen führen zu tollen Ideen. Und in Zeiten von Corona möchte ich ergänzen: Das alles geht tatsächlich auch digital! Kommunikation über Zoom (das sogar Breakout-Sessions ermöglicht), virtuelle Whiteboards wie Mural und geteilte Dokumente über die Google Gsuite machen es möglich.
Redaktion: Danke für das inspirierende Gespräch!
Der Experte

Alexander Kornelsen
Seit Anfang 2020 unterstützt Alexander Kornelsen in der Rolle des Business Development Managers bei der NOZ Digital innovative Projekte mit seiner Erfahrung und Expertise zu Innovationsentwicklungen und -prozessen. Zuvor war er Partner bei der Unternehmensberatung Venture Idea, die zwei Jahre in Folge mit dem „Best of Consulting“-Award der WirtschaftsWoche prämiert wurde und von brand eins als eine der besten Beratungen in Deutschland ausgezeichnet wurde.
Er ist Co-Host des „New Work Stories“-Podcasts des Business-Netzwerks XING und hat als Co-Autor am Buch „Good Job! Impulse für eine absurde Arbeitswelt“ mitgewirkt. Zuvor hat er als Veranstalter von Events wie TEDxKoenigsallee oder Digital Misfits Circle in Hamburg und Dozent am SGMI Management Institut St. Gallen, die Innovationsfähigkeit zahlreicher Branchen gefördert.
Dieses Thema wird auch nach Corona noch mehr als wichtig bleiben. Jetzt ist die Zeit sich zu positionieren und das mit den richtigen Partnern.
Me ha gustado mucho este post, Gracias por compartirlo. De lo dicho por Kornelsen creo que se impone el „Brainshower“, dede casa ;-)
That is very true. The new market situation due to Covid has changed the landscape immensely and has „forced“ companies to rethink some strategies. It is not only about having good ideas, it’s also about being flexible and the will to adapt.
Finding new ways of communication and sales channels has become a priority…
Stay safe!