Agile Kommunikation in Unternehmensführung und Change-Prozessen

Das Ende des „Herrschaftswissens“

Durch agile Kommunikation macht man Teams, Abteilungen und Unternehmen schneller, effizienter, profitabler und menschlicher. Damit werden Unternehmen flexibler und widerstandsfähiger bei Veränderungen und bleiben langfristig profitabel. Das inkludiert Strategien und Strukturen genauso wie die zielorientierte kommunikative Umsetzung in der Praxis von Meetings, Gesprächen und Video-Konferenzen. Die existenten komplexen unternehmerischen Umstände der Märkte fordern von Unternehmern ein hohes Maß an flexibler Kommunikation: mal extrem schnell, manchmal mit Bedacht. Fragend genauso wie ansagend. Breitgefächert oder tiefgreifend. Das Geheimnis agiler Kommunikation besteht in der Fähigkeit, aus dem „entweder-oder“-Modus in den „sowohl-als auch“-Modus zu wechseln. Ein Beitrag von Katja Schleicher, Kommunikationstrainerin und Medien-Coach im pan-europäischen Umfeld. Sie begleitet seit 15 Jahren Teams und Unternehmen in Change-Prozessen hin zu agiler Kommunikation.

Improvisieren statt perfektionieren

In agilen Setups sind Interaktionen immer wichtiger als Prozesse. Unsere Gespräche viel öfter mit Un-Perfektem: Das provisorisch zusammengezimmerte Video-Konferenz-Setup. Die 8-jährige Tochter, die mit einer Hausaufgaben-Frage ins Telefonat platzt. Ist in einem Real Life–Meeting schwerer vorstellbar. Trotzdem sind wir alle schneller bei der Sache und auf den Punkt: hierarchisches Gespreize und Rumgelaber ernten schnell Kopfschütteln und werden gekappt. Solange für alle die Intention der Besprechung klar ist.

Meta-Kommunikation

„Miteinander reden statt übereinander“ reduziert das Ausmaß an Missverständnissen. Kurze und kleinteilige „Kommunikations-Einheiten“ geben uns die Möglichkeit, häufiger zu sagen, wie wir etwas meinen, schneller und kleinteiliger zu justieren.

Agile Kommunikation eröffnet die Chance, einmal mehr aus dem eigenen Mikrokosmos in den Mikrokosmos der anderen zu springen. Bei so viel Neuem und Andersartigem in der Kommunikation bleiben alle Beteiligten alert und aktiv. Leicht gespannt und auf dem Sprung. Auch einer der Gründe, warum Video- und Telefon-Konferenzen gefühlt oft anstrengender sind als Live-Meetings. Drei der großen kommunikativen Hindernisse werden durch die ungewohnten Kommunikations-Kulissen verkleinert:

Unsicherheit aushalten

Jeder Mitarbeiter sollte im Moment seine kommunikativen Stärken sichtbar machen: sich trauen, proaktiv Angebote zu machen. Und dann schauen, was der eigene Gedanke bei den anderen taugt. Daraus entsteht eine neue Art des Dialogs. Oder gar Multilog. An den Chancen, die aus den vielen Lösungsansätzen entstehen, lässt sich lange und intensiv weiterarbeiten. Vertrauen und Transparenz werden die Währungen sein, in denen sich kommunikativer Erfolg messen wird.

Nichtwissen umarmen 

Keiner weiß was Genaues. Alle fahren auf Sicht. Und hören einander besser zu. Das eröffnet auch denen Räume, die selten etwas sagen oder eine Idee vorstellen. Und nimmt denen, die immer etwas sagen (müssen), den Druck des ewigen Schlaumeiers von den Schultern. Unsere Ideen können nur im Miteinander kommunikativ zum Leben erweckt werden.

Überheblichkeit vernachlässigen

Wo Unkenntnis als Fakt akzeptiert und Unsicherheit allgemein zugegeben wird, büßt Überheblichkeit viel von ihrem Nährboden ein. In den Video-Konferenz-Frames der Bildschirme sehen wir alle gleich groß, hoch oder niedrig aus. „Herrschaftswissen“ hat ausgedient. Das wird manchen Chef überflüssiger machen und agile Strukturen aufblühen lassen.

Drei der agilen Grundsätze haben sich in den neuen Umständen schon durchgesetzt:

  • Menschen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
  • Funktionieren ist wichtiger als Dokumentieren.
  • Reagieren auf Veränderung geht vor dem strikten Ausführen von Plänen.

Resilienz in der Kommunikation wird das integrierende Element für alle digitalen und analogen Herausforderungen sein. Nicht auf alles vorbereitet zu sein, sondern das Unbekannte, Unsichere zu integrieren

So wird einer neuen Konversations-Intelligenz und Gesprächskultur der Boden geebnet, die wir alle sehr gut nutzen können. Sorgen Sie für spannenden Input. Machen Sie Ihre eigene Arbeit nicht langweilig. Kommunikation sollte für das Publikum gleichermaßen resonant und relevant sein. Checken Sie realistisch Ihre Rahmenbedingungen, ohne sich in die Tasche zu lügen. Visionen entwickeln sich leichter auf realistischen Einschätzungen. Nutzen Sie bereits Bestehendes, um Teams, Abteilungen oder Organisationen leichter ins agile Setup mitzunehmen. Change heißt nicht, alles über Bord zu werfen. Betrachten Sie dabei besonders folgende Aspekte:

  • Jede Organisation ist lernend, aber kein Musterschüler.
  • Jeder Mensch übernimmt Selbstverantwortung.
  • Der Mensch ist Ausgangspunkt und Erfolgs-Gradmesser aller agilen Bemühungen.

Stellen Sie alle analogen und virtuellen Besprechungsformate auf den Prüfstand und fragen Sie sich, wobei diese unterstützen – und wo sie eher hinderlich sind? Wann brauchen Sie ein Format, das schnell und konsequent ist? Wann eines mit Zeit für Gedanken, Umsicht und Rückfragen?

Wann reicht ein Überblick zu einem Thema, wann ist Tiefe erforderlich? Das sollten die bestimmenden Meeting-Parameter sein. Wer das falsche Format für ein richtiges Ziel auswählt, steigert die Gefahr von Missverständnissen.

Katja Schleicher